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Controlling in einer digitalisierten, vernetzten, selbst steuernden Geschäftswelt

Dabei ist Industrie 4.0 der aktuell vorherrschende Begriff für die bevorstehende vollständige digitale Vernetzung von Mensch und Maschine. Bisher dominiert die Vernetzung von Menschen. Mit der Einführung des Internets wurde die Basis geschaffen, Informationen unabhängig von Ort und Zeit, weltweit nahezu in Echtzeit auszutauschen (Web 1.0). Im rasch darauffolgenden Web 2.0 etablierte sich zusätzlich das gemeinsame, interaktive Arbeiten und Kommunizieren von Menschen. Die Entwicklungen führen ganz allgemein zu veränderten Geschäftsprozessen, Arbeitsweisen und Geschäftsmodellen.

Junge Unternehmen verdrängen etablierte Anbieter vom Markt. Dieser Erfolg stellt traditionelle betriebswirtschaftliche Prämissen wie z. B. „Größe als Wettbewerbsvorteil“ (Economy of scales) zusehends in Frage, da sich die Transaktionskosten in vielen Bereichen, insbesondere in der Kommunikation massiv reduzieren (z. B. Webshop statt physische Outlets, E-Mail statt Brief, etc.). Dadurch wird es erstmals möglich, dass viele Einzelne dezentral das gleiche erreichen können, wie große, hierarchisch zentral organisierte Unternehmen. Es findet eine Fragmentierung der Economies of Scale in der „Community“ statt.

Für das Controlling bedeutet die fortschreitende Digitalisierung und totale Vernetzung, dass die Bereiche Strategie, Geschäftsmodell und Innovation an Stellenwert gewinnen und stärker im Aufgabengebiet der Controller verankert werden müssen. Gleichzeitig dürfen Controller bestehenden Prämissen nicht als gegeben ansehen, sondern immer häufiger auf ihre Gültigkeit hinterfragen.

Die Controllinginstrumente sind heute konzeptionell ausgreift und mannigfaltig vorhanden. Jedoch werden sich durch Industrie 4.0 bzw. die digitale Transformation im Bereich der Datenverfügbarkeit und Datenanalyse signifikante Veränderungen ergeben. Durch die Digitalisierung und totale Vernetzung erleben wir bereits heute eine Explosion der Datenmengen, die sich durch Milliarden intelligenter Maschinen bzw. Produkte noch rasanter erhöhen und zu Big Data führen wird. In einem Umfeld, in dem Daten durch vernetzte „Dinge“ permanent global und zum Großteil automatisiert entstehen und verteilt gespeichert werden, ist die Gefahr von Datenfriedhöfen, die niemand überblicken und analysieren kann, groß. Es ist offensichtlich, dass für Controller die Definition des Datenmodells sowie die Strukturierung und Plausibilisierung der verfügbaren Daten oder auch Datenschutzaspekte wichtige zukünftige Aufgaben werden. Das White Paper des Internationalen Controller Vereins zum Thema Big Data beschreibt diese Auswirkungen im Detail. Ganz konkret werden Controller in ihrer Informationsversorgungsfunktion vor der Herausforderung stehen, immer größere Datenmengen durch neue Formen der Visualisierung in aussagekräftige Steuerungsinformationen überzuführen, um den drohenden Information Overload der Führungskräfte zu vermeiden. Controller werden in Zukunft in ihren Berichten Tabellen reduzieren und durch geeignete grafische Darstellungen oder Text ersetzen müssen, weil diese eine Informationsverdichtung ermöglichen und somit auch für kleinere Displays von Tablets über Smartphones bis zur Apple Watch geeignet sind.

In der unmittelbaren Zukunft sind Controller gut beraten, sich der betriebswirtschaftlichen und strategischen Komponente von Industrie 4.0 aktiv anzunehmen und die Aktivitäten des Unternehmens vom technisch Machbaren zum betriebswirtschaftlich Sinnvollen proaktiv zu lenken.